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Kurze Einführung in Call-TV
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  Mork vom Ork
Grünes Mitglied

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BeitragVerfasst am: Montag, 23.10.2006, 03:33 
Titel:  Kurze Einführung in Call-TV
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Was genau ist "CALL-IN" eigentlich und wie funktioniert es?

Nun, die Frage scheint auf den ersten Blick sehr leicht beantwortet zu sein: bei CALL-IN handelt es sich um Gewinnspiele im Fernsehen oder Radio, bei denen Sie durch lösen einer einfachen, oder vermeintlich einfachen, Aufgabe Geld oder aber diverse Sachpreise gewinnen können. So zumindest sollte es funktionieren.

Schauen wir uns aber solche Sendungen, egal bei welchem Sender, einmal genauer an, so werden wir sehr schnell ein paar "Ungereimtheiten" bei der Abwicklung solcher "Gewinnspiele" feststellen, die auf den ersten Blick nicht weiter Auffällig erscheinen. Wer sich aber mal die Mühe macht und genauer hinsieht, der wird sehr schnell feststellen, das diese "Gewinnspiele" einem System folgen - einem System, das sich nicht immer an die von den Veranstaltern in Zusammenarbeit mit den Landesmedienanstalten, die solche "Gewinnspiele" überwachen sollen, ausgearbeiteten, selbst auferlegten Regeln hält - aber dazu später mehr.


Wie also sieht nun ein solches Gewinnspiel aus?

Solche Gewinnspiele laufen nicht immer gleich ab, da es zum einen verschiedene Spiel-Modi aber auch die unterschiedlichsten Arten von Spielen gibt. Letztlich folgen sie aber alle einem Schema. Fangen wir mir einem einfachen Beispiel an:


Sie sehen hier ein einfaches Buchstabenrätsel, bei dem die Buchstaben scheinbar wahlos durcheinander gewürfelt wurden. Ihre Aufgabe ist es nun, aus diesen vorgegebenen Buchstaben ein sinnvolles Wort zu bilden. Dabei müssen in der von Ihnen gebildeten Lösung alle in der Vorgabe enthaltenen Buchstaben verwendet werden, und jeder auch nur sooft, wie er in der Vorgabe enthalten ist - in diesem Falle muss Ihr Lösungswort also aus neun Buchstaben bestehen. Für den Zuschauer, der diese Aufgabe lösen kann, lobt der Veranstalter unterschiedliche Preise aus, von Geld über Sachpreise bis hin zu einer Kombination von beidem. Teilnehmen kann der Zuschauer per Telefon über eine kostenpflichtige, sogenannte Mehrwertnummer, meist beginnend mit 01379. Dabei ist jedoch zu beachten, das zwar jeder Anruf 50 Cent kostet, aber nicht jeder Anruf auch eine Garantie für eine Teilnahme an diesem Spiel darstellt! Und auch hier gibt es, wie bereits vorhin schon erwähnt, unterschiedliche Mitmach-Modi: Anrufbeantworter, normaler Hot-Button und den sogenannten Leitungs-Hot-Button (Erklärung zu diesen unterschiedlichen Mitmach-Modi folgt weiter unten). Zu einem beliebigen Zeitpunkt wählt der Sender einen der anrufenden Zuschauer aus einer der zahlreich zur Verfügung stehenden Leitungen und stellt diesen zum Moderator in's Studio durch. Dort kann dieser Kandidat dann seine Lösung abgeben, und sollte diese richtig sein, so erhält er den zu diesem Spiel ausgelobten Gewinn zugesprochen.

Klingt eigentlich alles ganz einfach, sagen Sie? Richtig, das soll es auch. Dazu schauen wir uns jedoch zu einem späteren Zeitpunkt einen solchen Spielablauf aber mal genauer an. Dann wird Ihnen auch bewusst, warum wir anfangs behauptet haben, das sich die Veranstalter solcher "Gewinnspiele" nicht immer an die Vorgaben halten.

Wie gesagt, es gibt die Unterschiedlichsten Arten von Spielen bei diesen Sendungen. Diese jetzt hier alle aufzuzählen würde wohl den Rahmen sprengen, daher lege ich Ihnen diesen Thread ans Herz:


dort finden Sie einen sehr guten Überblick über die populärsten Spiele dieser Art.


Die verschiedenen Spiel-Modi:

Anrufbeantworter: dieser Modus wurde bis vor kurzem noch sehr häufig gespielt, kommt aber immer weniger zum Einsatz. Bei diesem Modus stellt der Veranstalter Ihnen einen Anrufbeantworter zur Verfügung, auf dem sie Ihren Namen und Ihre Rückrufnummer hinterlassen können. Ihre Lösung brauchen Sie darauf nicht aufzusprechen. Aber auch hier gilt: nicht jeder Anruf ist ein Garant dafür, daß Sie auch wirklich Ihre Daten dort hinterlassen können! Im späteren Verlauf der Sendung wird dann ein Zuschauer aus dem Pool der registrierten Anrufer zurückgerufen und darf live im Studio seine Lösung abgeben.
Oftmals war es bei diesem Modus jedoch so, das bei einer Falschantwort eines zurückgerufenen Kandidaten nicht etwa erneut ein Anrufer aus dem Pool der registrierten Anrufer zurückgerufen wurde, und das so lange, bis einer korrekt lösen kann, sondern man aktivierte daraufhin den sogenannten Hot-Button.

Hot-Button: bei diesem Modus ist es so, das ein von den Sendern oft zitierter "Zufallsmechanismus" zu einem beliebigen Zeitpunkt einen beliebigen Kandidaten aus einer der vielen, beliebigen Leitungen fischt und in's Studio durchstellt. Dieser darf dort dann seine Lösung zum jeweils aktuell gespielten Spiel abgeben.

Erst im letzten Jahr stellte sich raus, daß dieser Mechanismus den Zeitpunkt eben nicht beliebig bestimmt, sondern das dieser Zeitpunkt mehr oder weniger von einem Redakteur bestimmt wird. Einen entsprechenden Artikel über diese Erkenntnis finden Sie hier.

Leitungs-Hot-Button: funktioniert ähnlich dem normalen Hot-Button, nur das es hier zusätzlich darum geht, eine bestimmte Leitung "im richtigen Moment" zu treffen, um zur Antwortabgabe in's Studio durchgestellt zu werden. Die Anzahl der dafür zur Verfügung stehenden Leitungen kann variieren, sowohl in Ihrer Anzahl als auch von Sender zu Sender. Angefangen werden Spiele in diesem Modus mit anfänglich zwei zur Verfügung stehenden Leitungen, die im Laufe des Spieles beliebig erhöht werden können. Ich hoffe mal, Sie fragen sich gerade, was der Zusatz "im richtigen Moment" bedeutet? Das ist eine gute Frage und auch ein sehr entscheidendes Detail, denn es reicht eben nicht nur die richtige Leitung zu treffen, um durchgestellt zu werden, nein, es muss auch noch der "richtige Moment" sein! Und dieser ist, laut Aussagen der Veranstalter, eben mal wieder "vom Zufall abhängig", d.h. man weiss vorher nie genau, wann dieser Moment sein wird. MAN weiss vorher nie genau? Nein, der Zuschauer weiss vorher nie genau, wann das sein wird - der Sender wohl schon, denn sonst wäre es ja für den Sender ein unkalkulierbares Risiko!


Die Landesmedienanstalten und die Gewinnspielregeln

Nun müssen solche Gewinnspiele ja auch irgendwie reglementiert sein, sprich, es muss festgelegt sein, was darf und was darf eben nicht. Und so ist es auch: dazu gibt es die von den Veranstaltern und den Landesmedienanstalten zusammen ausgearbeiteten, sogenannten "Anwendungs- und Auslegungsregeln der Landesmedienanstalten für die Aufsicht über Fernseh-Gewinnspiele", in denen eben genau festgelgt wurde, wie solche "Gewinnspiele" in der Regel abzulaufen haben. Ich kann Ihnen diese Lektüre nur wärmstens empfehlen und Sie bitten, sich diese einmal ganz genau durchzulesen! Ich komme im Verlauf dieses Artikels bestimmt noch diverse Male darauf zurück, versprochen.


CALL-IN Gewinnspiele und ihr schlechter Ruf

Warum nun haben solche "Gewinnspiele" in der Öffentlichkeit einen solch schlechten Ruf? Dazu muss ich Sie ersteinmal fragen: haben Sie sich je eine solche Sendung aufmerksam von Anfang bis Ende angesehen? Nein? Dann sollten Sie dies wirklich einmal tun - und bitte, gehen Sie wirklich absolut neutral an diese Sache und lassen Sie sich nicht zu einem Anruf verleiten - egal wie hoch die ausgelobte Gewinnsumme auch sein mag!

Warum also nun der schlechte Ruf solcher Sendungen? Nun, da wäre zum einen die Soundkulisse, die zur "Untermalung" des Spiels dienen soll. Diese reicht von einfacher, leiser Musik bis hin zu nervtötenden, ohrenbetäubenden Soundjingles ala JAMBA Klingeltöne. Zweitens: die Lichteffekte, mit der man Dramaturgie erzeugen möchte. Auch hier kann es vom ramantisch anmutenden, abgedimmten Licht bis hin zu ebenfalls nervtötenden und mitunter auch Epilepsieanfällen auslösenden Stroboskop-Geblitze und -Geblinke kommen. Und das sogar teilweise über Minuten hinweg. Und nun stellen Sie sich stroboskopartiges Geblitze in Kombination mit nervtötendem, ohrenbetäubendem Sirenengeheul vor - und sie haben die "Call-In typische Dramaturgie":



Aber nevtötende Sound- und Bildkulisse sind ja noch das kleinere Übel. Wesentlich entsetzter kann man über die immer wieder stattfindenden, bereits angesprochenen Regelverstösse sein. Ich habe Ihnen ja weiter oben bereits den "Gewinnspielregel-Katalog" ans Herz gelegt und hoffe, Sie haben sich diesen mal aufmerksam durchgelesen. Wenn Sie sich jetzt noch die Mühe gemacht haben und sich eine solche Sendung, als bestes Beispiel empfehle ich Ihnen hier ein Wochendende mit deutschlands erstem Quizsender 9LIVE, von Anfang bis Sendeende nüchtern und neutral angesehen haben, dann werden bestimmt auch Sie auf die ein oder andere "Ungereimtheit" gestossen sein. So besagt zum Beispiel eine Regel ganz deutlich, das es weder Aufforderungen noch einen besonderen Anreiz zu sogenannten Mehrfachanrufen geben darf. Dabei wird aber innerhalb der Moderation immer mal wieder gesagt, man solle es doch vieleicht mehrmals versuchen, sich zwar immer ein Limit setzen, aber dennoch findet hier ganz deutlich eine Aufforderung zu mehrmaligem Anrufen statt. Oder aber der Vergleich zwischen Anrufkosten und Gewinnsumme: lt. Katalog eindeutig verboten - dennoch hört man immer wieder so Floskeln wie: "Sie können jetzt hier aus 50 Cent 2000,- ?uro machen!" oder aber "Mit nur einem Anruf bis zu 100.000,- ?uro!" Eindeutig ein Verstoss! Unternommen wird dagegen jedoch nichts!

Oder aber die Tatsache, das laut Gewinnspielregeln die Lösungslogik nachvollziehbar sein muss! Und dann gibt es dort Spiele, in denen die Regeln oder die Lösungslogik gar nicht oder zumindest nur sehr unzureichend erklärt wird. Bestes Beispiel hierfür sind die sogenannten "Zählen Sie alle ..."-Spiele:


Dem Zuschauer wird vor oder aber auch während des Spiels überhaupt nicht richtig erklärt, worauf es da eigentlich genau ankommt. Da heisst es oft nur lapidar: "Das kann doch nicht so schwer sein, Sie müssen doch nur alle LITER zählen! Das ist Erstklässler-Niveau!" oder aber "Schauen Sie genau hin und sagen Sie mir, wieviele Liter Sie gezählt haben". Und dann am Ende, wenn wieder mal kein Zuschauer auf die vom Sender gesuchte Lösung gekommen ist, folgt eine solche Auflösung:


und die Erklärung dazu lautet dann: "Da war etwas angeschnitten, da fehlte der Stopfen, deshalb zählt das nicht mit und dahinter war noch ein Fass" !!! Das ist dann alles, es folgt keine genaue Erklärung, wie sich die vom Sender gesuchte Lösungszahl zusammensetzt! Nichts! Der Zuschauer ist also auch beim nächsten Mal nicht in der Lage, auf die vom Sender gesuchte Lösung zu kommen, da er nie darüber aufgeklärt wird, was es dabei alles zu beachten gilt.

Oder aber hier: noch ein Beispiel, wie man Regeln einfach mitten im Spiel willkürlich abändert:


Und von all diesen Regelverstößen gibt es unzählige Mitschnitte, die eben genau diese belegen, aber eine Landesmedienanstalt, deren Aufgabe es eigentlich ist, eben solche Verstöße zu ahnden, sieht entweder keine Möglichkeit oder aber keinen Bedarf zu handeln. In deren Augen ist dies alles noch innerhalb der rechtlichen Auslegung eben jener gemeinsam bestimmten und selbst auferlegten Regeln. Selbst, als sich rausstellt, das eben doch kein "Zufallsmechanismus" für den Durchstellzeitpunkt verantwortlich ist, sehen die entsprechenden Behörden keinen Grund zu handeln.


Dazu kommt noch die moralische Frage, was sich ein Moderator alles erlauben darf, um seine Zuschauer zum anrufen zu bringen? Man bedenke dabei, das bei Einführung des Leitungs-Hot-Button anfangs der kleine, aber entscheidene Teil des "im richtigen Moment" gerne verschwiegen wurde! Mittlerweile hat dieser Passus ja Gott sei Dank Einzug in die Moderation gehalten, wenn auch nicht immer, aber immer öfter. Oder die ewigen Aussagen von wegen "Das Tier kennen Sie alle, ausnahmslos!", wenn man mal wieder Tiere mit 4 Buchstaben an einer Tafel lösen lässt, um dann, nachdem der Zuschauer 2 Stunden oder länger in's Leere raten durfte, den allseits bekannten "GUTI" aufzulösen. Während dieser 2-stündigen Moderation darf der Zuschauer sich dann Sätze wie "Ich brech ins Essen, so einfach ist das." oder "Sie werden sich in den Hintern beissen, wenn ich das gleich auflöse!". Achten Sie mal drauf: ist ein Spiel einfach und durch ein wenig Kombinationgabe lösbar, verkauft Ihnen (ausnahmslos) jeder Sender solche Spiele als zu schwer, unlösbar, da hätte keiner eine Lösung etc. Sucht aber der Sender abgeklebte Begriffe, die auf einer Tafel stehen, so erzählt man Ihnen, das Sie alle die gesuchten Begriffe kennen würden, logt Sie sogar mit der Aussage, das der gesuchte Begriff über eine Million Einträge bei Google hätte:


oder aber gibt auf seiner Webseite zu bedenken, daß man garantiere, das alle gesuchten Lösungen auf dem DUDEN- oder BROCKHAUSPORTAL stünden! Man läst den Begriff GELDER aus dem Wort ERDKUGEL nicht gelten (mehrfach sogar!), weil dieser angeblich nicht im Duden stünde! Er steht drin, man war bei diesem Sender nur zu dämlich, den DUDEN korrekt zu lesen! Man hält die Zuschauer 13 Stunden lang zum Narren, indem man Ihnen erzählt, der Hot-Button könnte jede Sekunde zuschlagen und lässt dann am Ende auch noch eine falsche Lösung gelten! All das sind Tatsachen, die bei CALL-IN täglich so passieren - aber niemand scheint sich daran zu stören - nein, im Gegenteil, die Zuschauer rufen auch morgen wieder an und lassen sich mit den gleichen Sprüchen Ihr sauer verdientes Geld aus den Taschen ziehen?!?

Und das sind alles nicht einmal die schlimmsten Beispiele. Noch mehr Auffälligkeiten zu eben diesen "Gewinnspielen" finden Sie hier, hier oder hier.

Nehmen Sie sich die Zeit und lesen Sie sich bei uns ein - und ich hoffe, Sie werden diese CALL-IN "Gewinnspielsendungen" schon bald mit anderen Augen sehen. In diesem Sinne...

HAPPY READING Cool





Nur Sie entscheiden, ob die protokollierten Anrufer echt sind oder nicht.
Die in diesem Beitrag gemachten Aussagen können, müssen aber nicht den Tatsachen entsprechen.
Lt. TAZ ein "leidenschaftlicher Hasser von grenzdebilen Anrufsendungen".
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