ENGER: Freud und Leid mit Super Nanny

Landgericht Bielefeld lehnt Klage gegen Ausstrahlung der heutigen RTL-Sendung ab

VON PETER JOHNSEN





Versöhnt (FOTO: RTL)

Bielefeld/Enger. Leoni ist unausstehlich. "Du kotzt mich an", blafft sie ihre Mutter Heike (49) vor laufender TV-Kamera an, als die es beim Einkaufsbummel wagt, die Entscheidung ihrer 15-jährigen Tochter für eine bestimmte Jacke zu kritisieren. So geht es weiter mit Pöbeleien und Unverschämtheiten des Teenagers, der offenbar keine Grenzen kennt, 48 Minuten lang.

Zu sehen ist der Dauerstress zwischen Mutter und Tochter heute Abend um 20.15 Uhr in der umstrittenen Serie "Die Super Nanny" bei RTL. Denn gestern scheiterte Leoni vor dem Landgericht Bielefeld mit dem Versuch, die Ausstrahlung der Folge per einstweiliger Verfügung verbieten zu lassen.

Als die alleinerziehende Mutter Heike, von Beruf Sozialarbeiterin, mit ihren erzieherischen Mitteln am Ende ist, wendet sie sich hilfesuchend an die Super Nanny, Diplom-Pädagogin Katharina Saalfrank aus Berlin. Mit der Produktionsfirma Tresor TV finden ein Vorgespräch und ein Casting statt. Im Mai dieses Jahres folgen die einwöchigen Dreharbeiten in Enger, dem Wohnort der Familie.


Leoni kommen Bedenken

Dann kommen Leoni Bedenken, und obwohl die Geschichte versöhnlich endet, schreibt sie RTL im August an und gibt zu erkennen, dass sie die Ausstrahlung nicht möchte. Vergeblich. Auch eine Verschiebung der Sendung wegen einer Familienfeier lehnt der Sender ab.

Nun bleibt nur noch der Weg über die Justiz.Vertreten durch den Bielefelder Rechtsanwalt Volker Küpperbusch beantragt Leoni vor der 6. Zivilkammer des Landgerichts den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Sendung. RTL und Tresor TV werden durch den Müchener Anwalt Martin Feyock vertreten.

Vorsitzender Reinhard Ruhe lässt sich von Leoni die Vorgeschichte und den Ablauf der Dreharbeiten erzählen. "Ich wurde zu Sachen genötigt, die ich gar nicht machen wollte", beklagt sich die 15-Jährige über angebliche Manipulationen. "Aber man hat mir gesagt, dass ich mitmachen muss, weil wir sonst Strafe an RTL zahlen müssen".
Was Leoni ausdrücken will: So wie sie dargestellt wurde, ist sie nicht. Produktionsleiter Daniel Zobel bestreitet jeglichen Zwang. Den Bewerbern werde sogar ein Psychologe als Berater in Krisensituationen zur Seite gestellt. Die Sendung ? Einschaltquote 23 Prozent ? habe einen Fernsehpreis erhalten.

Die DVD mit der Folge wird im Gerichtssaal abgespielt. Sie zeigt eine am Ende geläuterte Leoni, die sogar bei der Hilfsorganisation Bielefelder Tisch für einen Tag Essen an Bedürftige austeilt. Das Gericht zieht sich zur Beratung zurück. Nach einer Viertelstunde das Urteil: Antrag zurückgewiesen.


"Die Super Nanny hat geholfen"

Begründung des Vorsitzenden: Mutter und Tochter haben in die Dreharbeiten eingewilligt und diese Einwilligung kann nur ausnahmsweise widerrufen werden, wenn ein besonderer Grund vorliegt. "Sie waren entsetzt, als sie gesehen haben, was dabei herausgekommen ist", wendet sich Ruhe an Leoni und fährt fort: "Aber es ist genau so gekommen, wie Sie es wollten. Die Super Nanny hat geholfen. Es ist nichts verfälscht worden."

Und natürlich der kleine Seitenhieb an "Na, ihr wisst schon wen"